Treffen des Freundeskreises für Heimatpflege in der Gemeinde Wonneberg mit rund 50 Interessierte.
Wonneberg. Der Einladung von Kreisheimatpfleger Dr. Christian Soika zum Besuch des neu erstellten Bürgerhauses und dem neu gestalteten Dorfplatz als Treffpunkt für Vereine und als zentraler Veranstaltungsort sind etwa 50 der Heimatpflege verbundene Bürger gefolgt. Dr. Soika begrüßte den Bürgermeister von Wonneberg, Martin Fenninger, den Ortsheimatpfleger Johann Maier und Kirchenführer Leonhard Reinmiedl, der über die Geschichte und Schätze der Wallfahrtskirche von Sankt Leonhard informierte.
Bürgermeister Fenninger brachte in seinem Grußwort seinen Stolz darüber zum Ausdruck, was in den vergangenen Jahren geschaffen wurde. „Für unsere 1600 Einwohner zählende Gemeinde Wonneberg war es keine Selbstverständlichkeit, die 3,9 Millionen Euro für den Kindergarten, der zur Schule gebaut wurde sowie für das Bürgerhaus inklusive Dorfplatz für nochmals 3,7 Millionen zu stemmen“, so das Gemeindeoberhaupt. Fenninger würdigte die „sehr gute Zusammenarbeit mit der Kirche“. Die katholische Kuratie bringe sich mit einer kapitalisierten Miete ein, habe im Bürgerhaus ihr Pfarrbüro und dürfe alle Räume ebenso nutzen wie die Ortsvereine. Besondere Erwähnung fand Gemeindereferent Martin Riedl, der auf die Besonderheiten der Kirchenrenovierung einging. Dass parallel zum Neubau des Bürgerhauses die Außenrenovierung der danebenliegenden Kirche erfolgte, war für Fenninger ein Glücksfall. „Möglich war das nur, weil alle drei Fraktionen im Gemeinderat an einem Strang zogen und ein Bürgerhausverein gegründet wurde, der sich um den Betrieb im Bürgerhaus kümmert. Wenn man Heimat pflegen will, dann braucht man auch in der Gemeinde einen Ort der Begegnung, dass man einen Bezug zur Gemeinde immer behält“, so Fenninger.
Ortsheimatpfleger Johann Maier hat anhand von Lichtbildern die Gemeinde Wonneberg mit einer Fläche von 1800 Hektar sowie 50 Orten, Weilern und Einöden vorgestellt. „Wonneberg ist die drittkleinste Gemeinde im Landkreis Traunstein, zur Kuratie Sankt Leonhard gehören etwa 1000 Katholiken. Die Ortschaften Kirchhalling und Weibhausen mit etwa 600 Einwohnern sind der Pfarrei Otting angeschlossen“, erklärte Maier. Seit der Gebietsreform sind die Orte Taching, Waging und Wonneberg als Verwaltungsgemeinschaft zusammengefasst, wobei Otting zu Waging gehört. Der Wonneberger Gemeinderat besteht neben dem Ersten Bürgermeister aus zwölf Gemeinderäte. Eingegangen wurde auch auf den Burgstall Halmberg, der auf der Grenze zwischen den Gemeindegebieten von Wonneberg und Waging liegt. Dessen Erbauung geht auf das Ende des 12. Jahrhunderts zurück, heute erinnert nur noch eine Bergkuppe an die vermutlich ehemalige Turmanlage, nur noch Wälle und der Halsgraben sind erhalten. Auch auf den römischen Meilenstein von Egerdach, der1999 vor dem Eingang der Kirche gefunden, ging Maier ein. Mittlerweile wurde ihm eine Überdachung zum Schutz gebaut. Auch auf den bemerkenswerten Höhenunterschied von über 140 Metern zwischen Weibhausen (610 m) und Waging (465 m), der beim Bau der Zugverbindung eine Herausforderung war, ging Maier ein.
Eine geologische Besonderheit hat Landwirt und Ortsheimatpfleger Johann Maier im letzten Jahr auf seinem Feld nahe Unterwendling zwischen Egerdach und Sankt Leonhard gefunden: Einen Findling mit einer Größe von sechs mal sechs Metern und einem Gewicht von mindestens 100 Tonnen, wie der Feldeigentümer annimmt. Bisher gab es noch keine geologischen Untersuchungen, die das wahre Maß des Findlings ermessen konnten, so Maier. Ein kleiner Kreis der Gäste hat sich nach dem offiziellen Teil noch auf den Weg zum Findling gemacht.
Kirchenführer Leonhard Reinmiedl stellte die Schätze und Sehenswürdigkeiten der Sankt Leonharder Kirche vor. Die Kirche geht auf die Raitenhaslacher Zisterzienser zurück, die die Kirche als Verehrer des Heiligen Leonhard Anfang des 13. Jahrhunderts wohl erbauten und bis zur Säkularisation 1803 die Grundherrschaft über die Sankt Leonharder Kirche ausübten. Die aufblühende Wallfahrt um die Mitte des 15. Jahrhunderts könnte der Grund für den spätgotischen Neubau unter Fürsterzbischof Leonhard von Keutschach gewesen sein, der 1496 vollendet wurde. Nach einem Niedergang in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts stiegen die Wallfahrten um 1600 wieder stark an. Dies führte zu der frühbarocken Ausmalung der Kirche in den Jahren 1631 bis 1634. Im Jahre 1682 wurde ein neuer Hochaltar mit Gemälden des Salzburger Malers Johann Friedrich Pereth aufgestellt und 1691 der Turm um das achteckige Geschoss und die Zwiebelhaube aufgestockt. Dem spätgotischen Südportal in der Vorhalle gegenüber befindet sich das heute zugemauerte Nordportal. Dies weist darauf hin, dass St. Leonhard eine so genannte „Rittkirche“ war. Zum Zwecke der Segnung führte man die Pferde durch das Gotteshaus.
Der Innenraum wird von einem spätgotischen Gewölbe überspannt. Die Zwischenräume der Gewölberippen wurden 1631 bis 1634 von einem unbekannten Maler mit qualitätvollen frühbarocken Fresken geschmückt. Die Fresken im Altarraum zeigen in der Mitte acht Engel mit Leidenswerkzeugen Christi. Sie sind umgeben von einem Passionszyklus mit 14 Szenen (Kreuzwegstationen). Diese zählen zu den ältesten Darstellungen dieses Themas in ganz Bayern. An den Stichkappen sind 14 weibliche Heilige dargestellt. Das Gewölbe im Langhaus ist als „Heiligenhimmel“ gestaltet und zeigt zahlreiche heilige Männer, die jeweils mit ihrem Namen bezeichnet sind. An der Südwand ist die Auferstehung Christi dargestellt, gegenüber der heilige Leonhard. An den Wänden des Langhauses haben sich Inschriften erhalten, die von einstigen Wallfahrern stammen.
Zum besonderen Schatz der Kirche gehören die vier in den 1895 errichteten Hochaltar eingefügten noch erhaltenen spätgotischen Tafeln aus dem Vorvorgängeraltar. Bei geöffnetem Schrein zeigen die Tafeln links die Heiligen Laurentius und Johannes den Täufer, rechts Sebastian und Stephan. In der Mitte stehen drei neugotische Figuren von 1895: Agnes, der Kirchenpatron Leonhard, und Aloisius. Bei geschlossenem Schrein (in der Fastenzeit) sind die vier spätgotischen Tafeln mit Passionsdarstellungen zu sehen. Kirchenführer Leonhard Reinmiedl stieg auf den Tisch des Hochaltars, um die sonst um diese Jahreszeit geschlossenen Innnentafeln zu zeigen. Abgebildet sind Jesus am Ölberg, Kreuztragung, Kreuzigung und Auferstehung Christi. Die Ölbergszene zeigt Salzburg und den Gaisberg im Hintergrund. Die Kreuztragung ist in der Reichenhaller Gegend dargestellt. Die Kreuzigung geschieht vor der Kulisse von Hallein und des Göllmassivs. Die Auferstehung ist in der Gegend von Teisendorf dargestellt, mit Fuderheuberg, Staufen und Zwiesel im Hintergrund. Die Tafeln stammen aus der Werkstatt des Gordian Guckh aus Laufen und sind in den Jahren 1511 bis 1513 entstanden. Sie gelten als die qualitätvollsten Malereien, die sich aus der Werkstatt Guckh erhalten haben. Über den Tafeln im Gesprenge des Altars finden sich eine Kreuzigungsgruppe und die Bauernheiligen Isidor und Notburga (1895).
Das Gemälde des heiligen Christophorus an der Nordwand des Langhauses wird ebenfalls der Werkstatt des Gordian Guckh zugeschrieben. Die im Jahr 1862 aufgestellten Seitenaltäre zeigen links den heiligen Ägidius und rechts den Evangelisten Johannes. Aus dem gleichen Jahr stammt die Kanzel. Die obere hölzerne Empore wurde ebenfalls im 19. Jahrhundert eingebaut. An der Nordwand sind in einer Vitrine mittelalterliche Eisenvotive ausgestellt, die bei Bauarbeiten im Bereich des Fundaments der Vorgängerkirche gefunden wurden.
Dr. Soika sagte bei der anschließenden Versammlung, dass er auf der Suche nach Orten ist, die über Totenbretter im Landkreis Traunstein verfügen. Über Hinweise würde sich der Kreisheimatpfleger freuen. In Kooperation mit dem Verein Bairische Sprache und Mundarten Chiemgau-Inn und der Bayerischen Akademie der Wissenschaften werden derzeit mundartliche Formen der Ortsnamen in Bayern erforscht. Hans Schupfner vom Verein Bairische Sprache machte Werbung, um flächendeckend im Landkreis Exploratoren zu finden, die sich um phonetische Aufnahmen von Personen bemühen, die über früher oder heute im Dialekt gesprochene Ortsnamen Kenntnis haben. Als Beispiel lag „Lead“ nahe, wie die Sankt Leonharder Bürger ihren Ort nennen. „Ein Bewohner von Sankt Leonhard heißt ‚Leada‘“, betonte Bürgermeister Fenninger. Hans Schupfner fügte weitere Beispiele hinzu: „‘Sankt Girng‘ für Sankt Georgen, ‚Hiawading‘ für Hörpolding oder ‚Schdoa‘ für Stein an der Traun.“ Interessenten möchten mit dem Kreisheimatpfleger, erreichbar über das Landratsamt, in Kontakt treten. Die Ortsheimatpfleger werde er dazu noch separat anschreiben, sagte Dr. Soika.
Die Sachgebietsleiterin für Kultur und Heimatpflege im Landratsamt Traunstein, Dr. Birgit Löffler, wies auf die verbesserte Archivierung hin. Wie im südlichen Landkreis, wo bereits Archivarin Martina Höhne die historisch relevanten Archivalien der Gemeinden und der Heimatpfleger sichtet und gegebenenfalls aufbewahrt, haben sich nun auch ein Großteil der Gemeinden im nördlichen Landkreis zu einem solchen Verbund zusammengeschlossen. Es konnte mit Nina Schierstädt auch schon eine Archivarin angestellt werden, die mit ihrer Arbeit bereits begonnen hat, so Dr. Löffler.
Dr. Soika dankte den ehrenamtlichen Heimatpflegern für ihre Tätigkeit das Jahr hindurch und lud zum nächsten Treffen im Frühjahr ein.
Arno Zandl
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