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Wenn's um die Kuh geht

Biorindfleisch Thema in der Ökomodellregion – 86 Biobetriebe in der Region

Petting. Bio ist gefragt. Der Bedarf mit heimischer Produktion nicht zu decken. So beschrieb Pettings Bürgermeister Karl Lanzinger „die Förderung biologischer Landwirtschaft“, als ein Hauptziel der Ökomodellregion Waginger See / Rupertiwinkel. Dass dafür strenge Regeln und Vorgaben zu beachten sind, wurde deutlich bei einem Informationsabend im Gasthaus Riedler in Petting. Theoretiker und Praktiker zeigten den Weg zum Biorind, dessen Haltung und Vermarktung.

 

Hausherr Karl Lanzinger gestand, dass man skeptisch gewesen war, ob man denn überhaupt eine Mikrofon-Anlage brauchen würde. Weit gefehlt. Der Saal war – trotz miserablen Wetters – komplett gefüllt. Darüber freute sich auch Ökomodell-Projektleiterin Marlene Berger Stöckl.

 

„Ganz Bayern sollte Ökomodellregion sein“, wünscht sich Tom Reiter von Chiemgauer Naturfleisch, mit 25 Jahren ältester Biovermarktungsbetrieb in der Region. Tatsächlich gibt es zwölf in Bayern. Reiters Firma betreibt einen kleinen EU-Schlachthof, um den Transportstress der Tiere zu minimieren. „Eine Umstellung auf Bio ist nicht unlösbar“, machte Reiter Skeptikern Mut, „und der Biomarkt entwickelt sich wie damals kaum vorstellbar.“

 

Grundlage aller Biobetriebe sei die EU-Ökoverordnung, machte Birgit Graßl vom Fachzentrum Ökolandbau in Weilheim deutlich, wobei Verbände zusätzliche eigene Richtlinien vorgäben. „Wie werde ich Bio?“, fragte Graßl und zeigte den Weg über einen entsprechenden Vertrag mit einer staatlichen Kontrollstelle, einem Antrag und einem Zertifikat. Die Betriebe werden zum Start und dann jährlich kontrolliert. Zur Umstellung gibt es so manche Fördermöglichkeit.

 

Für die geforderten Mindeststall- und Freiflächen braucht es in der Regel Neu- oder Umbauten. „Ein Neubau wäre ideal, weil die Planungsmöglichkeiten größer sind“, sagte dazu Josef Schmalzbauer, Leiter des Fachzentrums Rinderhaltung Traunstein. Aber er zeigte auch relativ einfache Umbau- und Anbaumaßnahmen, etwa Liegebereiche neben dem vorhandenen Stall. Oder die Überdachung eines bestehenden Fahrsilos. Mindestflächen müssen eingehalten werden, ein Spaltenboden darf maximal die Hälfte der Fläche bedecken, der Auslauf höchstens zu 75 Prozent überdacht sein. „Rufen Sie an, wir finden in der Regel eine Lösung“, bot Schmalzbauer die Unterstützung seines Fachzentrums an.

 

„Ein Knackpunkt ist oft die Fütterung“ weiß Birgit Graßl, es dürfe nur öko sein und zu mindestens 60 Prozent aus dem eigenen Betrieb. Zwei Jahre dauerte es bis zum Biobetrieb, wer schon im KULAP-Programm ist, kann für die Fleischerzeugung das Ziel schon in zwölf Monaten erreichen. „Die Preise steigen sanft und stetig“, sagte Graßl zur Frage der Wirtschaftlichkeit. Ertrag und Aufwand hängen ab von der Art des Betriebes: Färsen-, Ochsenfleisch oder Mutterkuhhaltung. Allerlei Mischformen sind denkbar.

Thea Götzinger betreibt auf ihrem Hof bei Teisendorf Kalbinnenaufzucht und Ochsenmast. Von Mai bis Ende Oktober stehen ihre Pinzgauer und ihr Fleckvieh auf der Weide. „Ochsenfleisch ist sehr gefragt“, ergänzte Heinrich Thaler aus Otting dazu. Er liefert aus seinem „Zwergbetrieb“, wie er seine 22 Hektar Grünland nennt, an Chiemgauer Naturfleisch und an seinen Wirt. „Dort wird alles verwertet“, empfiehlt er auch anderen eine solche Zusammenarbeit. „Der Erlös ist in Ordnung, das Ergebnis gut“, sagt Thaler.

 

Zufrieden ist auch Gottfried Heilmeier, der mit seiner Marke Rupertirind die „Edelgastronomie“ beliefert, aber auch die restlichen Teile der Tiere verarbeitet. „Für ein gutes Produkt kriegst gutes Geld“, sagte der Waginger Metzger und bot den Bauern an: „Wer umstell'n möcht', kann kemma. Des bring' ma scho weida.“ Ein solches Angebot macht an diesem Abend auch Tom Reiter vom Chiemgauer Naturfleisch: „Allen die heute aufstehen, kann ich einen Vertrag anbieten.“ Denn das sei wichtig für die Landwirte, meint Reiter: „Feste Kooperationen und stabile Perspektiven.“

 

Namensvetter Bernhard Reiter von der Erzeugergemeinschaft Schlachtvieh in Traunstein berichtete aus seiner Praxis. „Der einzige öffentliche Schlachthof in bäuerlich-bayerischer Hand“, sagte Reiter über den Betrieb mit sechs Mitarbeitern, wo Metzger, Bauern und Selbstvermarkter schlachten ließen. Neun Prozent der Tiere seien inzwischen aus Ökolandbau, 200 Mitgliedsbetriebe arbeiteten biologisch.

 

55 Biobetriebe waren es bislang in der Ökomodellregion, mit dem Beitritt Teisendorfs sind weitere 31 dazu gekommen, in Summe also 86.

 

Jenen, die selbst zu wenig Fläche haben, machte Alfons Leitenbacher ein Angebot: „Die Almbauern suchen händeringend nach Vieh. Überlegt Euch, Euer Jungvieh auf die Alm zu geben“, empfahl der Leiter des Amtes für Ernährung. Landwirtschaft und Forsten in Traunstein, denn ansonsten würden manche Almen zuwachsen. „Und Euer Vieh hat eine g'sunde Sommerfrische.“

 

Tom Reiter möchte, „dass sich die Region weiterentwickelt. Ich freue mich über jeden, der umstellt.“ Heinrich Thaler sieht in seiner Art zu wirtschaften eine „Familien-Philosophie“, nicht das Geld allein sei wichtig. „Sein eigener Herr sein und Freude an der Arbeit haben“, beschrieb es Thaler, der hauptberuflich Werksleiter in der Gemeinde Waging ist. Für ihn sei das ein schöner Ausgleich, „am Bulldog sitzen und philosophieren über die Welt und das Glück.“

 

Marlene Berger Stöckl möchte ihre Ökomodell-Region voranbringen. Die nächsten Termine stehen schon fest: Am 15. Februar trifft sich die Arbeitsgruppe Streuobst und Artenschutz um 19 Uhr beim Oberwirt in Otting. Am 2. März gibt es eine Exkursion zu zwei Biorindfleisch-Erzeugern, am 10. März ab 19.30 Uhr ist ein Informationsabend in der Alten Post in Teisendorf geplant und am 22. April um 12.30 Uhr ein Strategietreffen zur Ökomodellregion in Weibhausen.

 

Hannes Höfer