Informationsabend der Ökomodellregion vor vollem Haus
Ein buntes Programm hatte die Ökomodellregion rund um die Themen der Biofleischerzeugung zusammengestellt. Nach der Begrüßung durch den Pettinger Bürgermeister Karl Lanzinger erläuterte die Leiterin der Ökolandbauschule Weilheim Birgit Graßl den Zuhörern die Grundlagen des Ökolandbaus und die Unterschiede zwischen Verbands- und EU-Bio.
In Bayern gibt es für die Haltung von Bio-Rindern einige Ausnahmen: Anbindebetriebe mit bis zu 35 Kühen sind dann Bio-Richtlinien-konform, wenn sie im Sommer austreiben und in der restlichen Zeit mindestens zweimal pro Woche einen Winterauslauf anbieten. Laufställe müssen entweder im Sommer austreiben oder einen ganzjährigen Laufhof anbieten. Birgit Graßl ging auch auf die Kontrollen ein, denen sich jeder Bio-Betrieb mindestens einmal pro Jahr unterzieht.
Unter dem Punkt Kälberfütterung versteckt sich in den Richtlinien eine wichtige Vorgabe für die Kälbermast: Die Kälber müssen während der ersten drei Monate mit Milch getränkt werden. Für Mäster bedeutet das, sie finden entweder einen Milchviehhalter, der die Kälber drei Monate tränkt und dann verkauft, oder sie haben eine Möglichkeit, die Kälber mit natürlicher Milch ( Ammenkühe) aufzuziehen, oder sie kaufen teures Milchpulver zu.
„Die Preise steigen sanft und stetig“, resümierte Birgit Graßl die Entwicklung auf dem Bio-Rindfleischmarkt. Derzeit liegen sie etwa um 25% über dem konventionellen Preisniveau. Sie verglich auch die Deckungsbeiträge der verschiedenen Produktionsrichtungen, so errechnete sie für eine Öko-Mastfärse einen Deckungsbeitrag von 750,- €, für einen Bio-Mastochsen von knapp 500,-€, der zur Deckung der Fixkosten zur Verfügung steht. Im Vergleich zur Milchkuhhaltung reduziert sich der Arbeitszeitbedarf in der Rindermast ohne Direktvermarktung um mehr als die Hälfte und ist im Sommer während des Auslaufs meist niedriger als im Winter. Die Öko-Förderung im Kulap (Maßnahme B10) in Höhe von 273,-€ pro ha kann 2016 noch bis zum 26. Februar beantragt werden.
Der Leiter des Fachzentrums Rinderhaltung Traunstein, Josef Schmalzbauer, ging anschließend auf die Feinheiten beim Stallbau in der Öko-Rindermast ein. Nach der Erläuterung der Vorgaben in den Richtlinien zeigte er viele Beispiele auf, bei denen mit einfachen Mitteln bestehende Anbindeställe zu Laufställen umgebaut wurden. Auch wenn der Altstall keine Umbaumöglichkeit bietet, findet sich vielleicht ein vorhandenes Fahrsilo, eine überdachte Fahrt oder auch eine alte Maschinenhalle, die sich für die einfache Rindermast eignet.
Die beiden Praktikerberichte von Thea Götzinger aus Stötten und Heini Thaler aus Otting zeigten auf, dass die Öko-Rindermast eine Alternative zu Betriebsaufgabe und Verpachtung sein kann. Mit viel Engagement haben es die beiden Familien geschafft, sich einen lukrativen Nebenerwerb aufzubauen, der auf große Nachfrage stößt. Während die Familie Götzinger sich auf die Kalbinnenaufzucht und die Ochsenmast spezialisiert hat, vermarktet Heini Thaler seine Rinder über die Gastwirtschaft seiner Töchter. Er appellierte an die Landwirte, sich ähnliche Kooperationen mit den heimischen Gastwirten aufzubauen, um die regionalen Kreisläufe zu stärken. Die Nachfrage der Verbraucher nach regionalem Bio-Rindfleisch ist dabei enorm.
Abschließend kamen die drei Verarbeiter von Bio-Rindfleisch in der Region zu Wort. Während die Chiemgauer Naturfleisch als älteste Öko-Fleischvermarktungsgesellschaft in der Region ausschließlich Bio-Tiere verarbeitet, an Rindern vor allem Färsen und Ochsen, und bewusst nur den Naturkostmarkt beliefert, ist die Erzeugergemeinschaft Schlachtvieh in Traunstein einer der letzten Schlachthöfe in bäuerlich-bayerischer Hand. 9% des Umsatzes werden mit Biotieren gemacht, darunter viele ältere Biokühe. Auch der Waginger Metzger Gottfried Heilmaier kann Neueinsteiger für die Mast von Pinzgauern, ob konventionell oder biologisch, gebrauchen. Er hat sich mit seiner Marke Rupertirind die Edelgastronomie als Abnehmer erschlossen, die weniger wertvollen Teilstücke werden in Fleischgerichten im Glas verwertet.
In der anschließenden Diskussion appellierte Alfons Leitenbacher, Leiter des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Traunstein, gerade an die flächenschwachen Betriebe, das Jungvieh auf die Almen zu treiben: „Die Almbauern suchen händeringend nach Vieh!“ sagte er und betonte die gesundheitsfördernde Wirkung der Sommerfrische für die Rinder.
Verfasser: ÖMR