Der Leonhardiverein Wonneberg
(Bericht von Bernhard Dirscherl)
Der Leonardiverein Wonneberg hat es sich zum Ziel gesetzt, die seit dem 15. Jahrhundert bestehende Tradition des Wonneberger Leonhardi-Rittes zu pflegen und zu erhalten. Man ist daher versucht, ihn für einen der ältesten Ortsvereine Wonnebergs zu halten. Tatsächlich ist er aber einer der jüngsten.
Nach den Aufzeichnungen von Ortsheimatpfleger Leonhard Wimmer war das Leonhardi-Gotteshaus auf dem Wonneberg früher eine weitum bekannte Wallfahrtsstätte, die alljährlich von vielen Bauern zu Fuß oder zu Pferd aufgesucht wurde, um dort Schutz und Segen für die Haustiere, insbesondere für die Pferde, zu erbitten. Im Jahreslauf begannen diese Leonhardi-Wallfahrten jeweils an Ostern und endeten im Herbst. Die meist berittenen Pilger kamen u.a. aus Siegsdorf, Inzell, Traunwalchen, Surberg und Ostermiething. Den Abschluss des Wallfahrtsjahres bildete stets der Patroziniums-Ritt in St. Leonhard selbst. Diese Tradition endete erst im Jahre 1881, als das Erzbischöfliche Ordinariat München die Leon- hardi- Wallfahrten verbot. Davon unberührt blieb allerdings der Leonhardi-Ritt am 6. November, zu dem auch weiterhin viele auswärtige Teilnehmer mit ihren Pferden nach St. Leonhard kamen. Die Zusammenstellung des Rittes blieb durch Jahrzehnte fast unverändert. Der Festwagen mit dem hl. Leonhard wurde vom Kraft in Köpfelsberg, der Isidor-Wagen vom Schrott in Oberwendling und der Bruder-Konrad-Wagen vom Gänsberger gefahren. Verschiedene Motivwagen, die sich im Laufe der Zeit änderten, wurden von einzelnen Ortschaften gestellt. Hinzu kamen natürlich die Reiter auf ihren Bauernrössern, deren Zahl sich in den letzten Jahren bei etwa 150 eingependelt hat. Als Festkapelle war neben der Leonharder Blasmusik, die später von der Musikkapelle Surberg-Lauter abgelöst wurde, immer auch die Ottinger Blaskapelle dabei.
Doch vor nicht allzu langer Zeit schien auch für den Leonharder Ritt das Aus gekommen zu sein. Durch die fortschreitende Technisierung der Landwirtschaft in den 50er und 60er Jahren war das Pferd mehr und mehr durch den Traktor ersetzt worden. Der Pferdebestand war dadurch drastisch zurückgegangen, und die auswärtigen Ritteilnehmer blieben nach und nach fast ganz aus. Die Wonneberger selbst hielten zwar noch über Jahre treu an ihrem Umritt fest, als aber im Jahre 1966 die Anzahl der Pferde im Gemeindegebiet auf nur wenige zusammengeschrumpft war, zeichnete sich auch für den traditionsreichen Leonharder Ritt das Ende ab. Zum Glück wurde es nur eine sechsjährige Zwangspause.
Einen überraschenden Neubeginn brachte dann das Jahr 1973. Auf Anregung von Kurat Nikolaus Dorfner wurde ohne große Vorbereitungen ein Ritt angesetzt und durchgeführt, und es kamen zur Freude der Leonharder 30 Pferde. Es waren zwar keine Pferde mehr, die dem Bauern bei der Feld- und Waldarbeit halfen, so wie in früheren Zeiten, sondern es waren Reitpferde, die für Freizeit und Sport im Stall standen. Durch diese positive Wende in der Beziehung zwischen Mensch und Pferd ermutigt, kam es am 28. 12. 1973 zur Gründung des Leonhardi-Vereins Wonneberg, um die jahrhundertealte Tradition des Wonneberger Leonhardi-Rittes neu zu beleben und für die kommenden Generationen zu erhalten.
Umrittsbräuche - Leonhardi Ritte
(von Leonhard Wimmer)
Das Pferd, das edelste aller Geschöpfe und seit uralter Zeit dem Menschen dienstbar gemacht, galt schon bei unseren heidnischen Vorfahren als den Göttern geheiligt. Umritte gab es schon lange bevor bei uns das Christentum Fuß gefasst hatte. Wie vielen Bräuchen aus der vorchristlichen Zeit, hat die Kirche auch diesen Umritten einen christlichen Sinngehalt gegeben, und das gläubige Volk hat diese Bräuche durch viele Generationen weitergegeben. Die Wertschätzung, ja man kann sagen, die Verehrung, die man dem Pferd entgegenbrachte, zeigt sich daran, dass das Pferd als Träger segenspendender Eigenschaften betrachtet wurde. An einigen Orten wurden die Pferde, wo es die baulichen Verhältnisse des Gotteshauses erlaubten, durch das Kircheninnere, also vor das Angesicht des Allerheiligsten geführt.
Die Umritte der christlichen Zeit wurden entweder an bestimmten Tagen, wie zu Ostern, Pfingsten, am Antlaßtag oder in der Fastnachtszeit, abgehalten, häufig aber an den Festen der Heiligen, die das Patronat über die Ritte ausübten. Dies war in der alten Zeit nicht in erster Linie der heilige Leonhard, sondern vor allem Georg, Martin und Stephan, sowie noch ein paar Dutzend Heilige, von denen uns bei manchen kaum die Namen geläufig sind, wie Magnus, Gangoli Eligius, diese allerdings nur im außerbayerischen Raum. Bei uns in St. Leonhard am Wonneberg war der Ritt ursprünglich ein Osterritt, lange bevor Leonhardi-Ritte üblich wurden. Erst ab dem 17. Jahrhundert verdrängte Leonhard in Altbayern, Österreich und Schwaben die anderen Pferdepatrone und wurde zum absoluten Roßheiligen, der bei uns so hohe Verehrung erlangte, dass man ihn den "Bayerischen Herrgott" nannte.
In Oberbayern stehen von den 141 Orten, in denen Umritte üblich sind oder waren 78, also mehr als die Hälfte, unter dem Schutz des heiligen Leonhard. In Niederbayern waren von den 62 festgestell- ten Ritten immerhin noch 29 Leonhardi-Ritte. Neben den Leonhardi-Ritten, die immer am Fest des Heiligen, also am 6. November, abgehalten wurden, gab es bei uns in Oberbayern 27 Stephani-Ritte, 7 zu Ostern (der Traunsteiner Georgi-Ritt ist in Wirklichkeit ein Osterritt), 7 zu Georgi, wie in St. Georgen an der Traun, 3 Martini-Ritte und 3 Pfingst-Ritte.
Umritte mit mehr oder weniger kirchlich-religiösem Charakter gab es zu allen Zeiten und überall in Europa, auch außerhalb der deutschen Bundesländer, so z.B. in Anderlecht bei Brüssel, in zwölf Provinzen Frankreichs, in Schweden am Stephanitag und im zaristischen Russland am Tag des hl. Johannes. In Madrid wurde durch einen Umritt das Fest des heiligen Antonius des Einsiedlers gefeiert. Die mohammedanischen Araber, Bedunien und Palästinenser begingen am 20. Juni mit Umritten religiöse Feste, und die Perser hielten ihre Umritte am Tag des Frühlingsanfangs. Im fernen Cusco in Peru wer- den seit Jahrhunderten die Pferde vom Priester gesegnet.
Nirgendwo aber, außer bei uns in Altbayern und Österreich, finden Ritte zu Ehren des heiligen Leonhard statt.
Der Roßsegen
(von Leonhard Wimmer)
Der Roßsegen unterscheidet sich von allen anderen Segnungen durch die feierliche Form, in der er gespendet wurde. Man könnte fast von einer Weihe und nicht einer Segnung sprechen. Segnung be- deutet ja, die Gnade Gottes auf ein Tier oder einen Gegenstand herabrufen, Weihe hingegen, ein Geschöpf oder einen Gegenstand (z.B. eine Kirche) in den Dienst Gottes zu stellen. Besonders in den altbayerischen Diözesen Passau, das ja bis 1785 ganz Ober- und Niederösterreich mitumfasste, und Salzburg, wozu auch unsere Gegend und Kärnten und die Steiermark gehörten, wurde der Pferdesegen in der gleichen feierlichen Form und zum Teil sogar im gleichen Wortlaut gespendet, wie die Salz- und Wasserweihe am Vorabend des Dreikönigstages. Es war sogar üblich, die vor die Kirchentür geführten Pferde unter Auflegung der Hände des Priesters mit soeben geweihtem Wasser zu besprengen, wobei die feierliche Segensformel gesprochen wurde. Es ist klar, daß sich dabei viel Aberglaube breit machte, und so verbot der Passauer Bischof 1470 die Weihe, während der Salzburger Erzbischof 1496 sie neu anordnete.
Der aus dem 11. Jahrhundert stammende Roßsegen ist in der Kirchenchronik nachzulesen. Eine aus Freising stammende Segensformel, ebenfalls entstanden im 11. Jahrhundert, zählt zu den Übeln, vor denen die Pferde geschützt werden sollen, den "Bösen Blick", die (heidnischen) Opferschauer (aruspices) und die Verhexung.
Das Rituale Romanum aus dem Jahre 1896 hat die Segensformel stark abgeschwächt und die seit 1930 übliche nimmt sich gegen die früheren etwas blutarm aus.
Geschichte unserer Leonhardi Ritte
(von Leonhard Wimmer)
Die Entstehung unserer Oster- und Leonhardi-Ritte sowie der vielen Wallfahrten zu unserer Kirche liegt im geschichtlichen Dunkel. Urkunden oder Berichte darüber sind vor dem Jahre 1784 nicht vorhanden. Wir können nur indirekt nachweisen, daß unsere Ritt-Tradition älter als 500 Jahre sein muss.
Im Pfarrarchiv Tengling befindet sich die Abschrift eines päpstlichen Breves, datiert vom 25. Februar 1489, dem Erbauungsjahr unserer jetzigen Kirche. Das Breve ist im speziellen Auftrag Papst Innozenz VIII. vom Kardinalbischof Julianus unterzeichnet. Darin wird den Tenglingern und Tachingern weiter erlaubt, ihren Osterritt abzuhalten. Zwei Sätze darin sind für uns wichtig: Es heißt, dass solche Ritte auch in anderen benachbarten Orte üblich sind ("prout etiam in aliis vicini.s locis") und dass sich kein Mensch daran erinnern kann, dass diese Ritte nicht stattgefunden hätten ("Jam dudum per tanta et ante longissima tempora ex quibis quasi memoria hominum non existit"). Einer dieser benachbarten Orte, die "seit unvordenklichen Zeiten" Ritte abhielten, muss unser St. Leonhard gewesen sein. Wie könnte man es sich sonst erklären, das ein Dorf, dass seit Jahrhunderten nur drei Höfe zählte - Posch, Lenz und Mesner - ein für die damaligen Verhältnisse so geräumiges Gotteshaus mit aufwendiger Einrichtung, ausgestattet mit Fresken und Gemälden des berühmten Laufener Malers Gordian Guckh, hätte errichten können, wenn nicht lange Zeit vorher eine blühende Wallfahrt bestanden hätte.
Auf Grund dieser Überlegungen müssen wir annehmen, daß unsere Wallfahrt schon seit 500 bis 600 Jahren besteht. Durch sie wurde der Reichtum unserer Kirche begründet, der bis zur Inflation nach dem 1. Weltkrieg anhielt.
Aus der Zeit um 1750 stammt ein Leonhardi-Lied:
Sankt Leonhard sey dieser Mann,
der also miltreich zugethan,
dem Vieh, den Küh, den Rossen:
Deswegen hie zue Dankbarkeit
auch nach verwichner Sommerzeit
noch jährlich gar viel Hüeter
ihm opfern ihre Güeter.
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